Ein kleines Haus voller großer Gedanken
In einer Zeit, in der die Welt taumelt zwischen Klimakrise, Krieg, Flucht und digitaler Überhitzung, wirkt der Advent fast wie ein Anachronismus – eine stille Zeit, die sich gegen die Rasanz der Gegenwart stellt. Doch gerade darin liegt seine Kraft. Der Advent ist kein Rückzug, sondern ein Raum der Reflexion. Er ist eine Einladung, sich dem zu widmen, was unter der Oberfläche liegt: der Sehnsucht nach Sinn, nach Verbindung, nach Licht.
Das ARThaus Projekt in der Liebfrauenkirche antwortet auf diese Sehnsucht mit Kunst. Nicht laut und nicht monumental, sondern im Miniaturformat. In einer Welt, die von Bildern überflutet ist, fordert diese Kunst dazu auf, genau hinzusehen.
Der Advent ist mehr als eine Jahreszeit. Er ist ein Zustand. Eine Haltung. Eine Einladung, langsamer zu werden, tiefer zu schauen, stiller zu hören. In einer Welt, die oft von Eile und Lärm bestimmt ist, bietet der Advent einen Gegenentwurf: Er ist die Zeit des Wartens, des Erwartens, des Hoffens. Und genau hier setzt das Arthaus in der Kirche an – als künstlerisches Ritual, das diese besondere Zeit nicht nur begleitet, sondern vertieft.
Das ARThaus im Miniaturformat ist kein bloßes Ausstellungsstück. Es ist ein lebendiges Kunstgewebe, gewoben aus Ideen, Materialien und dem Mut zur Verwandlung. Die Künstlerinnen und Künstler haben sich auf ein Experiment eingelassen: Sie haben ihre Gedanken, ihre Gefühle, ihre Rituale in Räume gegossen, die flüstern statt schreien, die berühren statt überwältigen. Jeder Raum ist ein eigenes Universum. Ein Gedanke, ein Gefühl, ein Gebet. Manche Räume sind still wie Schnee, andere pulsieren wie ein Herzschlag. Einige laden zum Lächeln ein, andere zum Innehalten.
Die Textilgestalterin Friederike Sensfuß verbindet Seide und Blattgold in ihrer Raumgestaltung. Mit ihrer Idee zu „A Star is born“ entwirft die Münchner Künstlerin Carmen Nöhbauer unbekannte Welten. Ein Gewebe aus Licht, rhythmischen Atemlinien und Symbolen durchpulsen die kosmischen Weltinnenräume ihrer Bilder. Marc Grobholz, Student der Kunstgeschichte aus Frankfurt, nähert sich dem Thema auf ganz eigene Weise. Seine Perspektive ist geprägt von Theorie und Neugier, von der Frage, wie Raum und Bedeutung sich im Miniaturformat verändern. Oliver Zabel hingegen ist in der Miniaturgestaltung zu Hause. Für ihn ist das Kleine kein Kompromiss, sondern eine Kunstform. Hanna Gehrken brilliert mit Farbe und Form. Ihre Kompositionen sind mutig, lebendig, voller Energie – sie lassen die Wände des kleinen Hauses leuchten und pulsieren. Beatrix Holl als Wortkünstlerin lässt Sprache wirken, lässt Worte fließen wie Fäden und schafft eine Atmosphäre, die berührt.
Dass das ARThaus in der Kirche steht, ist kein Zufall. Hier, wo gemeinsam gefeiert, gebetet, gesungen und geschwiegen wird, bekommt die Kunst einen besonderen Klang. Die Stille des Raumes, das Licht der Kerzen, die Nähe der Menschen – all das macht das kleine Haus lebendig. Es ist ein Haus, das nicht abgeschlossen ist. Es lädt ein. Es öffnet Türen. Es sagt: Komm näher. Schau genau hin. Lass dich berühren. Die Ausstellung ist bewusst auf drei Wochen begrenzt (28. November bis 19. Dezember), ein kostbarer Moment, der nicht auf Dauer angelegt ist, sondern auf Intensität. Das ARThaus ist auch ein Kommentar zur Gegenwart: Es widerspricht der Idee, dass nur das Große zählt. Es widerspricht der Hast, der Oberflächlichkeit, dem Lärm. Es sagt: Schau genau hin. Nimm dir Zeit. Lass dich berühren.
Und vielleicht ist genau das die adventliche Botschaft, die wir heute brauchen: Dass das Licht nicht mit einem Knall kommt, sondern mit einem Flüstern. Dass Hoffnung nicht laut sein muss, um gehört zu werden. Und dass Gemeinschaft dort beginnt, wo Menschen sich öffnen – für das Kleine, das Feine, das Bedeutungsvolle.
Gudrun Grobholz ARThaus
Sie sind herzlich eingeladen zur Vernissage mit Musik und
Glühwein am Samstag, dem 29 November, um 18.00 Uhr.